Gustav Spörris Werk gut dokumentiert
Ein Keramiker, der in Schaffhausen, wo er wirkte, offenbar nicht mehr auf viel Interesse stösst, wird in Zürich ausgestellt: Gustav Spörri.
von Alfred Wüger 9. März 2013
«Hommage an einen beinahe in Vergessenheit geratenen Schweizer Keramik-Künstler»
– so heisst es auf dem Cover des opulent ausgestatteten Bild- und Dokumentationsbandes «Begegnungen mit Gustav Spörri», der anlässlich der Sonderausstellung in der Galerie am Hirschengraben 3 in Zürich nach einer Idee von Markus Strübin in der Edition Strübin, Allschwil, herausgegeben wurde.
Massenware und Studio-Keramik
Wenn man das Buch durchblättert, trifft man auf eine Fülle form- und farbschöner Keramiken, Vasen, Teller, Krüge und hier und dort auch auf eine zeichnerische oder malerische Arbeit des Künstlers. Und ziemlich am Schluss, im Nachwort von Barbara von Orelli-Messerli, finden sich dann auch einige Hinweise darauf, warum der Keramiker etwas in Vergessenheit geraten sein könnte: «Wenn also Gustav Spörri als Keramiker nicht der Status eines Mario Mascarin, eines Philippe Lambercy oder eines Edouard Chappalaz zugestanden wird, dann findet sich die Ursache in der Vermischung von Massenproduktion und Studio-Keramik bei der Herstellung, was für den Betrachter seines Werks zu irritierenden Interferenzen führt.» Massenproduktion? Ja! Denn Gustav Spörri arbeitete von 1949 bis 1964 als künstlerischer Leiter der kunstkeramischen Abteilung der Tonwarenfabrik Ziegler AG. Effekt: «Inzwischen haben Tausende seiner Original-Keramiken in der Schweiz und im Ausland dankbare Abnehmer gefunden.» So Gustav Spörri über sich selbst. Gustav Spörri schuf nicht nur Keramiken, sondern auch Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen, Hinterglasmalereien und Mosaiken für den öffentlichen Raum, so etwa für das Gemeindewiesenschulhaus in Neuhausen. In der Rheinfallgemeinde hatte Spörri ab 1951 sein Atelierhaus «Trubegüetli». Von 1965 bis 1976 arbeitet er ausschliesslich im eigenen Atelier. Geboren wurde Gustav Spörri am 20. Juli 1902 in Zell am Harmersbach im Schwarzwald. Sein Vater war ein aus dem Tösstal eingewanderter Töpfer, die Mutter eine einheimische Bäckerstochter. Gustav Spörri machte eine Lehre als Keramikmaler und besuchte später die Kunstgewerbeschule Dresden und die Kunstakademie Wien und war von 1932 bis 1945 künstlerischer Leiter bei Villeroy & Boch in Dresden, wo er im Februar dem Bombardement der Stadt zwar entkam, aber in Kriegsgefangenschaft geriet. 1948 gelang ihm mit Frau und Adoptivtochter Elke die Flucht in die Schweiz, wo dann die leibliche Tochter Heide geboren wurde. Kurze Zeit arbeitete Spörri in einer Töpferei in Thun, dann kam er nach Schaffhausen.
Die Erinnerungen der Sammler
Das nun vorliegende Buch von Markus Strübin war nicht leicht zu realisieren – zu viel Wasser war seit Gustav Spörris Tod im Jahre 1976 den Rhein hinuntergeflossen: «Ich war auf der Suche nach einem der begabtesten Keramiker des 20. Jahrhunderts, der vergessen worden war.» Es sei schwierig, ja unmöglich gewesen, über das Leben des Künstlers viel herauszufinden, die Quellenlage war zu dürftig. Weitergeholfen haben Markus Strübin schliesslich persönliche Begegnungen mit Sammlern, die Gustav Spörri persönlich gekannt haben, so etwa Christian und Hanni Michael-Gautschi in Neuhausen am Rheinfall. Zum Schluss bleibt der Wunsch, dass es demnächst auch in Schaffhausen eine repräsentative Ausstellung gibt.
Der Keramiker Gustav Spörri an der Arbeit (1902-1976) Bild © B+E Bührer